Kajaktour durch die norwegischen Fjorde

Ein Bericht zu einer Kajaktour durch die norwegischen Fjorde

vom 24.08 bis 29.08.2019

185km; über Geiranger- Sunnylvs- Storfjorden – Smeltevika – Ellingsøy- Grytafjodren – Breisundet – Sula- und Hjørundfjorden

Hallo Freunde des RKC, drei Vereinsmitglieder haben letztes Jahr mal etwas weiter ausgeholt und Ihre Boote durch die Norwegischen Fjorde zwischen Geiranger und Ålesund geführt, hier der Bericht dazu.

Tag 0, Anreise ; (Bild01) Froh darüber die vier Boote tatsächlich auf ein Autodach platzieren zu können (ohne dass diese aneinander scheuern), startete die Anreise am Nachmittag einen Tag zuvor mit der Fähre nach Gedser und dem Auto nach Halden in der Nähe von Oslo. Dort hatten wir eine private Übernachtungsmöglichkeit. An diesem zweiten Anreisetag musste die restlich Strecke (ca. 700km) bis Geiranger abgespult werden. Das war dann auch der öde Teil der Tour. Die Entfernungen sind weit und Autofahren in Norwegen ist bei 80km/h Höchstgeschwindigkeit auf den Landstraßen recht langweilig. (Bild02) Was soll’s, da muss man durch. Begrüßt vom Landregenwetter waren wir 16:00 Uhr dort. (Bild04) Nun hieß es, ab auf den Campinglatz und alle Reiseausrüstung aus dem Bus holen und in die Boote packen.

NW_01

Tag 1, bedeckt aber ruhiges Wetter;  33,5 km

Aus der Sicht der besonderen Vorzüge einer Norwegenreise (Ruhe, Einsamkeit, Urtümlichkeit und grandiose Landschaften) ist Geiranger eigentlich ein unmöglicher Ort (also der Ort, nicht der Fjord). Als stark frequentierter Anlaufpunkt für Kreuzfahrer ist der Ort voll auf Massentourismus ausgerichtet. Wir kennen das aus Warnemünde. Wir hatten aber Glück, an diesem Tag war kein Schiff vor Ort. Der Wetterbericht versprach Besserung, also ab in die Boote und los. (Bild05) Die üblichen Sehenswürdigkeiten im Vorzeigefjord überspringe ich hier, die stehen in jedem Reiseführer. Sehenswert sind sie dennoch. (Bild07) Nach dem wir die letzten Kajak-Tagesausflügler alle hinter uns gelassen haben, gab es am Ende des Fjords die erste Pause. (Bild09) Wir fanden eine Anlegestelle mit Bootshaus und einer höher gelegenen alten Ziegenfarm + Obstgarten. (Bild08) Die Einheimischen haben bis vor ein paar Jahrzehnten hier zwischen den Felsen noch tatsächlich versucht dem Land abzuringen was nur möglich war. Zufällig waren die Kinder (heute alte Leute) und Erben der letzten Bewohner vor Ort und wir kamen ins Gespräch; nette und offene Menschen. Sie pflegen die alte Farm heute als Sommerresidenz und Familiengästehaus. Nach einem Eintrag ins Gästebuch ging es weiter den Sunnylvsfjord hinunter.

Der Geirangerfjord ist so schön versteckt und eng, dass es dort vermutlich nie so richtig Welle gibt und man stets einen behüteten Eindruck hat. Das war nun vorbei, der Sunnylvsfjord ist breiter und er hat klar den Eindruck vermittelt „Seid froh das es heute ruhig ist, wenn ich will, könnte ich auch anders“. (Bild10)

Bei einer früheren Tour habe ich schon einen der besonderen Vorteile von Paddeln in Fjorden kennen gelernt. Es fließt quasi alle 300m irgendwo Wasser vom Berg. Man muss nichts davon spazieren fahren. Also haben wir aus dem Boot am blanken Fels die Flaschen gefüllt (Bild11) und unseren ersten Lagerplatz am Übergang zum Storfjorden angesteuert, ein kleines Anglercamp mit Rampe. (Bild14)

Kaum war die Angel zum ersten Mal im Wasser lag auch schon die erste Makrele auf dem  Grill. (Bild12) Ein runder Abschluss des ersten Tages, Prost.

Tag 2, sonniges ruhiges Wetter, 40 km (Bild15)

Bei aller Planung und Vorbereitung hat man eine Sache nie im Griff, das Wetter. Nun kann man sich zwar mit der richtigen Ausrüstung auch auf Dreckswetter einstellen, aber bei Sonnenschein und warmen Temperaturen macht es einfach viel mehr Spaß. Glaubt nicht den Werbeprospekten! Diese strahlenden Tage sind an Norwegens Westküste eher selten, geht hier doch regelmäßig das Atlantik-Wetter an Land. Doch wir hatten Glück.

Nach einem ausgiebigen Frühstück (Bild13) verließen wir das gemütliche Anglercamp und steuerten die Boote in den Storfjorden. (Bild16) Vorbei an Stranda und Stordal (Bild17) paddelten wir bei absolut ruhigen Wasser den Fjord hinunter, eine Genusstour. (Bild18) Das ist insofern besonders Bemerkenswert, als dass ich genau an dieser Stelle vor Jahren schon einmal die gleiche Tour abbrechen musste. Bei heftigen Wind und Wellen gegen an, gab es seiner Zeit kein Durchkommen, Wetter halt.

Bei unserer Mittagspause auf halber Strecke angelt Hendrik erneut unser Abendbrot. Es sollte wieder Makrele sein. Mir war dort, bei meinem ersten Versuch kein Anglerglück beschert. Hendrik hat sich tatsächlich eine Angelrute ins Boot gepackt. Ich wollte die Ausrüstung schlank halten und habe auf eine Haspel gesetzt. Sollte das den Unterschied ausmachen oder doch eher, dass ich keine Ahnung vom Angeln habe? Wie auch immer, es sollte ja noch ein paar Gelegenheiten geben dies heraus zu finden. Also weiter Richtung NW den Fjord hinunter.

Auf der zweiten Etappe an diesem Tag sollte uns einer dieser fjordeigenen Momente wiederfahren. Eben noch glattes Wasser und nur ein paar Minuten später frischt es auf. Der Wind hebt sich, Wellen bauen sich auf und auf einmal ist es vorbei mit La-Paloma und man fragt sich noch, wo kommt das denn jetzt her? Denn am Wetter hat sich augenscheinlich nicht geändert. Aber was soll’s es kommt ja von hinten. So galt es mit einem Grinsen im Gesicht eine Welle nach der anderen zu surfen und mit ordentlichen Geschwindigkeiten schnell Strecke zu machen. Und wie es oft so ist, so schnell wie der Wind kam war er auch wieder weg. Das Wasser wurde immer ruhiger und kurz bevor wir zur nächsten Pause in einen Yachthafen bei Grønvika einschwenkten, war es spiegelglatt. Komisch manchmal oder eben typisch Fjord.

Nach einem Sonnenbad und Frischwassertanken ging es durch den Smeltevika zur Insel Vemoy die uns den Platz für die nächste Nacht bieten sollte. (Bild19) Nicht ganz so idyllisch wie das Anglercamp eine Nacht zuvor aber auch ok. Zelte aufgebaut, Holz gesammelt, Feuer an, den Fisch in die Grillzangen und den Rum kreisen lassen, eine Männeridylle. (Bild20) Und dann kam die Ziege. (Bild21) Oha, die Insel ist bewohnt? Oder wird zumindest für die Viehzucht verwendet. Na was soll’s ist ja nur eine Ziege. Doch sie war gesellig und wollte nicht weiterziehen. Bei uns war es interessant, so viele bunte Sachen. Als sie begann meine Proviantwickelsäcke ins Visier zu nehmen, war aber meine Toleranz zu Ende. (Bild22) Nun hieß es heraus zu finden wie rumzicken richtig geht.  Wir konnten sie dann irgendwann dazu bringen doch weiter zu ziehen und es wurde ein gemütlicher Abend mit gelegentlichem Ziegengemecker aus der Ferne. 

Tag 3, sonniges ruhiges Wetter, 44 km

Das sollte es aber nicht gewesen sein. Oh nein, so schnell gibt sich eine Ziege nicht geschlagen. Am nächsten Morgen brachte sie alle Verwandten und Freunde mit und so zog zum Weckruf eine Herde Ziegen durch unser Camp. (Bild23) Völlig egal ob da Zelte stehen oder Boote liegen, man kann über alles drüber steigen. Und weil alles so interessant ist, zog auch die Herde nicht weiter. So gab es nun Ziegenaroma zum Frühstück und Kälber säugen neben dem Zelt. (Bild24)  Was für eine ländliche Idylle!

Nach dem Abschied vom Ziegenwerder ging es bei strahlendem Wetter weiter durch den Ellingsøy- in den Grytafjorden. Spielglattes Wasser und absolute Flaute machten uns das Vorankommen erneut leicht. (Bild25) Die erste Pause legten wir in der Nähe der alten Fischmehlfabrik bei Svorshamna auf der Insel Ellingsøy ein. (Bild27)  Wir haben es uns grade auf den warmen Felsen gemütlich gemacht, da kommt ein kleines Boot mit Außenborder auf uns zu und hält neben unserem Rastplatz an und so kommen wir ins Gespräch. (Bild26) Einer der beiden Herren stellte sich als neuer Besitzer der alten Fischfabrik vor und arbeitet wohl gerade an einem Nutzungskonzept. Tourismus wäre doch toll, verkündete er uns. Dort könnte er viele Unterkünfte einbauen (mit Blick auf die alten Fischöltanks, denke ich noch so bei mir). Er würde natürlich noch Investoren suchen und wollte natürlich von uns wissen, was wir so als offensichtliche Wassersporttouristen davon halten. Nun ja, kurz zuvor sind wir an seiner Fabrik vorbei gepaddelt. Ich sage mal, bei einem völlig freien Platz hätte man zumindest nicht die Rückbau- und Entsorgungskosten. Aber man soll den Menschen ja nicht seine Träume nehmen und so behalte ich meine Meinung für mich. Weiterpaddeln! Bei immer noch spiegelglatter See und Sonnenschein ziehen wir über Feuerquallengruppen hinweg, an Ålesund vorbei (Bild28) und nähern uns dem Atlantik. Bei der nächsten Pause am Strand der Insel Valderøya mussten wir uns überlegen wie es nun weiter gehen soll. Wollen wir uns raus wagen? Letztlich war es Jänner der mit dem Argument, dass dies die Gelegenheit ist, darauf drängt diese auch zu ergreifen. Also beschließen wir Godøya zu umrunden, eine gute Entscheidung! Es war ein Erlebnis! Nach und nach konnte man bei rauspaddeln immer deutlicher die rein kommende See spüren. (Bild29) Auf der Seeseite von Godøya, das Wasser war an sich fast glatt, stand dann eine schöne gleichmäßige Atlantikdünung mit weiter Wellenlänge (keine Ahnung, 50 – 80m) und ca. 2m Wellenhöhe. Am Ufer krachten die Wellen auf dem Fels, was uns gut auf Abstand hielt. Es war Wetterglück wie man es kaum noch steigern kann. (Bild30)

Nachdem wir uns von Godøya wieder lösten, schwenkten wir auf der Suche nach einem Rastplatz in den Sulafjorden. Hendrik angelte fix das Abendbrot. Ich hatte keine Lust mehr auf Haspeln und wollte aus dem Boot raus (aber morgen wieder). Also Boote an Land, Zelte aufgebaut, Feuer an, alles schon Routine. (Bild31)

Tag 4, sonniges ruhiges Wetter, 32 km (Bild32)

Die ersten Sonnenstrahlen trockneten die morgentauklammen Zelte und weckten die Mannschaft. Während des Frühstücks wurde wie immer der Wetterbericht geprüft und siehe da, das schöne Wetter wird sich verabschieden, morgen schon, Wind und Regen aus NO. Wir mussten uns entscheiden wie die Rückreise aussehen soll. Zurück über den Storfjorden, durch die Mitte in den Hjørundfjorden oder doch noch einen Schwenk nach Westen über den Voldafjord in den Austefjord? Wir haben uns für die Mitte entschieden. Die Gefahr bei schlechtem Wetter im Storfjorden beim Paddeln genau gegen die Hauptwindrichtung stecken zu bleiben war uns zu groß. Der Hjørundfjorden versprach vollständige Abdeckung, weil er genau quer zur vorhergesagten Windrichtung lag.

Bei wiederum sehr ruhigen und sonnigen Wetter kamen wir gut voran. Nach der Mittagspause im Hafen von Solavågen (Bild35) steuerten wir das von hohen Bergflanken gebildete Tor zum Hjørundfjorden an. (Bild36)

Wir hatten Zeit und keinen Druck an diesem Tag noch irgendein bestimmtes Ziel zu erreichen. Also wurden die Angel und Haspel ausgepackt und erneut das Abendbrot gefischt. Diese Mal musste es nun endlich klappen mit der Haspel, immerhin hat Haspelfischen hier in Norwegen Tradition. Und es hat geklappt, drei Köhler auf die Haken im Vorfach verteilt auf einen Zug. (Bild37) Da die Fische gegeneinander kämpften, war das Einholen ganz leicht. Das war’s, ich war glücklich und endlich hatte der Anfänger mit der Haspel auch etwas gefangen. Es hat dann noch ein paar Stunden gedauert das Grinsen wieder abzulegen. Etwas tiefer im Fjord haben wir uns bei einem kleinen Anleger einen ebenen Fleck zum Zelten gesucht. Dieses Mal sollte es Filet aus der Pfanne geben. Es war besonders lecker! Zum Abend schon bewahrheitete sich der Wetterbericht. Es zog sich zu und fing an zu regnen. (Bild40) Schade, aber bis dahin hatten wir schon gutes Wetterglück, das ist bei weitem nicht garantiert.

 

Tag 5, trübes regnerisches Wetter mit Aufheiterungen, 36 km

Der letzte Paddeltag durfte als sanfter Rausschmeißer verstanden werden. Zumindest wenn man Ihn aus der Perspektive der Schönwettertage zuvor sieht. (Bild41)  Der Zielhafen mit Campingplatz war nah. Um dennoch einen schönen Paddeltag zu verbringen haben wir die Tour bis zum Ende des Fjords geführt, (Bild44) umgedreht und sind dann nach Sæbø eingelaufen. (Bild45) Gelegentlicher Nieselregen hat uns begleitet. Der Hjørundfjorden ist ein sehr schöner Fjord, ruhig und landschaftlich reizvoll. Es muss wirklich nicht immer Geiranger sein. Norwegen ist verwöhnt mit jeder Menge ebenso attraktiven Alternativen.

Campen und die nassen Zelte auspacken oder eine Hütte nehmen, war nun die Frage. Für mich letztlich aber doch keine. Wenn es schon Hütten gib, mit Dusche und Küche, kann man die Tour auch mal etwas dekadenter abschließen.

Tag 6, trübes regnerisches Wetter. 22km Wandern

In Sæbø waren wir nun zwar an Land aber am falschen Ort, das Auto stand in Geiranger. Also haben wir uns die erste Fähre über den Fjord geschnappt, der Bus nach Øye stand am anderen Ufer auch gleich bereit und so konnte die Wanderung nach Hellesylt zügig beginnen. Sehr interessant war, dass ein versunkenes Dorf (Lygnstøylvatnet) und eine alte Hochtalsiedlung (Stavbergsetra) am Wegesrand entdeckt werden konnten. Siedlung, nun ja, es sind doch eher dicht zusammengedrängte Minihäusergruppen aus den natürlich vorhandenen Baumaterialen Stein, Holz, Torf und Moos. (Bild46) Ohne Dichtigkeit oder Wärmedämmung war das ganzjährige Leben da drin sicher kein Vergnügen. Schön in diesem Jahrhundert zu leben!

Wir haben Hellesylt rechtzeitig erreicht um nicht auf die letzte Fähre angewiesen zu sein. Die erneute Fahrt durch den Geirangerfjord, nun per Schiff, war dann auch der Abschied vom Fjordwasser. Der vor fünf Tagen besuchte Hof am Fjordausgang wurde uns vom Bordlautsprecher als besondere Attraktion gepriesen. Kennen wir schon, ging es mir durch den Kopf; alter Hut.

Am Ende des Geirangerfjords lagen zwei Kreuzfahrer, daher war der Ort voller Touristen. Schnell noch etwas einkaufen und dann bloß weg da. Die Fahrt zurück nach Sæbø, wo immer noch die Boote lagen, war halt die Fahrt die man machen muss und ein Vorgeschmack auf den kommenden Tag. Wer das eine will muss das andere mögen.

Fazit:

Eine sehr schöne rundum gelungene Tour mit Wetterglück! Das Norwegen und insbesondere die Fjorde eine über alle Maßen reizvolle Landschaft ist, muss ich nicht weiter ausführen. Ich kann nur empfehlen, macht es nach, es lohnt sich. Seid gewappnet für das schlechteste Wetter und geniest dann das Beste. Das Paddeln in den Fjorden erfordert ein mittelmäßiges Können und ein paar Kenntnisse die es zu beachten gilt, wenn dann noch die Ausrüstung passt, kann es fast jeder wagen.

allg. Infos zur Orientierung:

  • In den Fjorden kann man nicht oft anlanden, daher sollte man bei Bedarf die seltenen Gelegenheiten nutzen. Oft fährt man auch über Kilometer am blanken Fels oder abweisendend Geröll vorbei.
  • So lange die Berge hoch sind, gibt es immer wieder Bäche und somit Wasser. Das muss man nicht spazieren fahren. Wir haben es immer so getrunken wie aufgefangen.
  • Das Wetter und insbesondere der Wind können sich schnell ändern und wenn die Windrichtung stimmt, können die Bedingungen auf dem Fjord auch fix anstrengend werden. Der Wetterbericht und die Wetterlage sollten jeden Morgen geprüft werden. Das, was angesagt wird + 2 Bft sollte man ertragen können um für Überraschungen gewappnet zu sein.

Zum Schluss noch eine Galerie, mit ganz vielen schönen Bildern.

 

 

 

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